Ein Blick in die Zukunft

Christian Mayer
Sebastian May
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WIR SCHREIBEN DAS JAHR 2033 – die Wahlen zum 23. Deutschen Bundestag stehen kurz bevor. Die Deepfake-Technologie, über die auf diesen Seiten viel erzählt wird, ist bereits fest in unser aller Leben verankert. Basis-Wissen zu Deepfakes ist schon im Lehrplan der Mittelstufe vorgesehen.

Bea Bizzy

Bea Bizzy ist in Aufruhr: Die Aktivistin kämpft seit Monaten mit aller Kraft gegen ein neues Online-Gesetz. 2033 wird sich Aktivismus noch mehr von den Straßen in den digitalen Raum verlagern.

Mitstreiter für die eigene Position zu finden ist 2033 so leicht wie nie: Bea Bizzy hat ihre Unterstützer:innen in Internetforen gesucht. Zusammen haben sie über eine Plattform die Online-Petition „Fight Desinformation“ angelegt. Fast minütlich trudeln neue digitale Unterschriften aus aller Welt ein.

Immer öfter geraten Soziale Netzwerke in die Schlagzeilen. Dort hochgeladene Fotos werden verstärkt von Kriminellen missbraucht. Über Gesichtserkennung ermitteln sie die Personen auf den Fotos.

Bea Bizzy und ihre Kolleg:innen fordern, dass Digital-Unternehmen und Soziale Medien gesetzlich dazu gezwungen werden, Software einzusetzen, die hochgeladene Fotos und Videos direkt anonymisiert. So sollen sich Nutzende besser vor Angriffen schützen können.

Dr. Dietmar Feek

Dr. Dietmar Feek steht kurz vor dem Durchbruch. Der junge aufstrebende Politiker einer erst vor wenigen Jahren gegründeten neoliberalen Partei könnte es bei der diesjährigen Wahl endlich schaffen, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden

Wenige Wochen vor der Wahl kommt Eduard, sein persönlicher Referent, in sein Büro. Er hat gerade etwas entdeckt, das die Reichweiten aller sozialen Plattformen im Internet sprengt.

Es kursiert ein Video im Internet, in dem ausgerechnet der Neoliberale Dr. Feek vermeintlich während einer Rede fordert, Unternehmen zu enteignen. Dieser paradoxe Kontrast hat das Zeug dazu, seine gesamte Partei zu zerstören.

Dr. Feek hat das aber nie gesagt. Er ist Opfer eines Deepfakes geworden. Das möchte er jetzt auf seinen Kanälen klarstellen. Sein Referent weist ihn darauf hin, dass es schwer werden würde, den Deepfake wieder einzufangen – zu schnell ist er viral gegangen. Seine bis dato hohen Chancen, gewählt zu werden, sind binnen eines Mausklicks um Welten gesunken.

Anton from the gas station

Anton hat keinen Nachnamen. Seine Freund:innen nennen ihn nur Anton von der Tanke. Im Job hatte er nie Glück. Aber er hat schon von Kindesbeinen an eine Leidenschaft: Filme machen.

Während die Tankstelle, die er im Auftrag eines Freundes gepachtet hat, immer mehr verkommt, schneidet er im Hinterzimmer Filme. Im Cast befinden sich professionelle Schauspieler:innen. Auf Knopfdruck kann er sogar den berühmten Hollywood-Schauspieler Keanu Reeves agieren und sprechen lassen, wie und was er will – und das, obwohl der Schauspieler mit seinen stolzen 69 Jahren schon seit einem halben Jahrzehnt nicht mehr vor der Kamera steht. Noch vor zwölf Jahren wäre das unmöglich gewesen – heute befähigt Anton die Künstliche Intelligenz dazu, Filme zu schneiden, ohne einen einzigen Drehtag mit den Darstellenden verbringen und einen einzigen Cent dafür ausgeben zu müssen.

Anton lebt den amerikanischen Traum – vom Tankstellenpächter zum Millionär. Er möchte sich mit seinem Film bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences bewerben und sich nächstes Jahr zur Verleihung nach Los Angeles beamen.

Die Chancen auf einen Oscar stehen gar nicht schlecht: Zum ersten Mal hat im Vorjahr eine Filmemacherin aus Madagascar den begehrten Oscar für den besten Film gewonnen, die ihren Film ausschließlich mit Hilfe synthetischer Medien erstellt hat – ein Dammbruch in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Awards.

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